Über Einstellung, Wissen und Können in der Teamarbeit und was am schwierigsten zu optimieren ist, lesen Sie hier:
1. Dieses Mal wird zuerst eine Torte gebacken
Drei Freunde backen für die Geburtstagsparty, zu der sie abends eingeladen sind, eine Torte. Sie kennen die Zutaten, sie wissen, was sie in welcher Reihenfolge für den Teig verrühren müssen.
Sie wissen, ab wann sie den Ofen vorheizen müssen, und wie lange die Backzeit sein wird. Sie wissen, zu welcher Zeit sie die Füllung vorbereiten müssen und wann sie diese nach dem Abkühlen verteilen können.
Sie können den fertig gebackenen Tortenboden perfekt auf das Gitter zum Auskühlen stürzen, sie schneiden ihn gekonnt quer in die einzelnen Tortenböden auf, verteilen die Füllung in gleich mächtigen Schichten und verzieren ihre fertige Torte mit Geschick und Raffinesse.
Daß die drei hinterher die Küche der Hausherrin perfekt aufräumen und blitzsauber hinterlassen, ist Ehrensache.
Wissen, Können, Einstellung – Sie haben sicher erkannt, wo die drei in ihrer Teamarbeit welche Komponente gewinnbringend eingesetzt haben. Des weiteren sehen wir, daß Wissen, Können und Einstellung in jeder Teamarbeit ihren festen Platz haben.
2. Woher kommen unser Wissen, Können und unsere Einstellung?
2.1. Wissen
Manchmal, wie im Freizeitbereich, gelingt es uns spielerisch, uns Wissen anzueignen. Andere Male müssen wir mit Fleiß und Willen pauken, bis wir den Stoff beherrschen. Manchmal zwingt uns eine Prüfung, manchmal sehen wir von selbst, daß wir das Wissen brauchen.
Es hilft uns, wenn wir das neue Wissen mit Bekanntem verknüpfen können oder darüber reflektieren, wo wir es einsetzen werden.
2.2. Können
Überall in unserem Leben begegnen uns praktische Dinge, die wir können wollen oder müssen. Ganz gleich, ob wir den drei Freunden oben in der Küche über die Schulter sehen, heimwerken, einen Sport ausüben, oder medizinische Untersuchungstechniken erlernen.
Diese Fähigkeiten müssen wir praktisch üben. Solange, bis wir sie so können, wie es gefordert ist, oder wir unseren eigenen Ansprüchen genügen. Manchmal sind wir frustriert, doch wir bleiben dran.
2.3. Einstellung
Unsere Einstellung bringen wir neben Wissen und Können zu unserer Teamarbeit mit. Eine Einstellung ist die Meinung, Denkart oder das Gefühl, das wir zu Personen, Situationen oder anderen Dingen haben. Sie beeinflußt unser Verhalten, aber auch das der anderen, während des gemeinsamen Wirkens.
Sind wir uns unserer Einstellung immer bewußt? Woher haben wir sie? Ist sie zielführend oder können wir etwas verbessern?
Wenn wir sie optimieren wollen, so müssen wir zuerst die Notwendigkeit dafür erkennen. Diese ist manchmal nicht so offenkundig wie die Notwendigkeit, sich Wissen und Können anzueignen.
Deshalb und wegen der Rolle, die gelebte Traditionen spielen, ist es am schwierigsten, unsere Einstellung zu verbessern.
Erst mit unserer Einstellung schaffen wir in der Teamarbeit die kollegiale und konstruktive Atmosphäre, in welcher wir unser Wissen und Können zur vollen Entfaltung bringen.
Nun wagen wir uns an dieses schwierigste der drei Lerngebiete Wissen, Können und Einstellung heran. In den folgenden Abschnitten erarbeiten wir uns am Beispiel von CRM, wie uns die Perfektionierung unserer Einstellung gelingt.
3. Wir arbeiten an unserer Einstellung
3.1. Die frühere Einstellung zu Chef und Untergebenen
In der Luftfahrt waren bis Anfang der 70er Jahre Piloten unumstrittene Helden, die Entscheidungen fällten. Die übrigen Mitglieder im Cockpit assistierten und waren zumeist nicht aktiv in Entscheidungsprozesse eingebunden. Auch in der Medizin wagten Teammitglieder häufig nicht zu widersprechen, selbst wenn sie Fehler entdeckt hatten.
Es war also die damals verbreitete Einstellung, daß Chefinnen und Chefs in verschiedenen Positionen und Berufen nicht in Frage gestellt wurden.
Doch in der Luftfahrt gab es zu viele Unfälle, die fast jedesmal Menschenleben forderten, wie ich auf meiner CRM-Seite bereits beschrieben habe. Das schlimmste Unglück in der Luftfahrt bislang war bekanntermaßen der Zusammenstoß zweier Jumbojets auf der Startbahn auf Teneriffa im März 1977.
3.2. Die Einstellung hinterfragen und die Notwenigkeit zur Veränderung erkennen
Alle Unfälle in der Luftfahrt werden akribisch aufgearbeitet, um die Ursache festzustellen, aber auch, um zu etablieren, wie man die erkannten Fehler zukünftig vermeiden kann.
Ein Ergebnis der Fehleranalysen, auch bei dem Unglück auf Teneriffa, war die Erkenntnis, daß Fehlerketten zu Unfällen führen. Die Hauptrolle spielt bei über 70% aller solcher Katastrophen menschliches Versagen, insbesondere durch Kommunikationsfehler.
In der Folge wurde Crew Resource Management etabliert, mit unter anderem einer Neubewertung der Rollen im Team. Man hatte also auch die Notwendigkeit erkannt, die bisherige Einstellung zum Verhältnis Chef zu Untergebenen zu überdenken.
Dies zeigt sich z. B. in den CRM Teilkonzepten Speak up (Unterpunkt 5.1.2. auf meiner CRM-Seite) und sichere Kommunikation durch geschlossene Kommunikationsschleifen (Unterpunkt 2.3. auf meiner CRM-Seite).
3.3. Der Kreislauf von der Planung bis zur Evaluation
Für eine Veränderung brauchen wir einen Kreislauf, in welchem wir unsere gewünschte Veränderung planen, die geplanten Schritte besprechen und sodann in die Tat umsetzen.
Wie wir wissen, funktionieren auch gut durchdachte Veränderungen nie nach Plan. Wir probieren in der Praxis also aus, evaluieren unsere Erfolge und das Verbesserungspotential, um darauf aufbauend den Kreislauf von vorne zu beginnen.
Doch sind alle auf Anhieb mit dem Veränderungsprozeß einverstanden? Auch CRM traf während seiner Entwicklung auf Widerstand. Es wurde nicht an einem Tag erschaffen, sondern seit 1979 in sechs Generationen, die jeweils ihren eigenen Focus hatten.
4. Wir stoßen auf Hindernisse und …. die Traditionen
Haben Sie selbst bereits Einstellungen in Ihrem Team besprochen und bearbeitet? Wenn ja, welche Schwierigkeiten sind Ihnen begegnet?
Solche Hindernisse sind natürlich nichts Neues und nur allzu menschlich. Hier finden Sie einige kurz zusammengefaßt:
- Kolleginnen und Kollegen, die Angst haben, ihre jetzige Rolle oder Autorität zu verlieren
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Nutzen des Vorhabens nicht erkennen können
- Menschen, die per se dagegen sind
- Menschen in allen Funktionen, die konstruktiv kritisch sind – sie sind natürlich kein Hindernis in dem Sinne
- Menschen, die Angst haben, dem Neuen nicht gewachsen zu sein
- Menschen, die sich überrumpelt und in ihrem Plan völlig durcheinandergebracht sehen
- Menschen, die Angst vor mehr Verantwortung haben
- Hindernisse, die Ihnen zusätzlich noch einfallen
Was tun wir mit den Traditionen? Wie wäre es, zu erneuern, wo es sinnvoll ist und Bewährtes, das immer noch wertvoll ist, ganz bewußt zu erhalten?
5. Wir überwinden die Hindernisse
Wie haben Sie selbst bislang Hindernisse bei Veränderungen aus dem Weg geräumt?
Wie in jedem Change Management Prozeß kommen wir weit, wenn wir für unser Vorhaben alle frühzeitig mit in unser Boot holen, die Gründe transparent darlegen und aktiv um konstruktive Vorschläge bitten.
Dabei sollten wir alle Beteiligten Gedanken, Meinungen und Gefühle zu den geplanten Veränderungen äußern lassen.
Sehen wir uns nun mögliche Lösungen für die oben genannten Hindernisse an:
- Ängste vor Rollenverlust offen ansprechen und neue Verantwortlichkeiten konstruktiv besprechen.
- Nutzen transparent, am besten wissenschaftlich belegt, erläutern. Auf Fragen gründlich antworten und auf Zweifel mit offenen W-Fragen eingehen. Antworten zurechtlegen. Wenn keine Antwort gegeben werden kann, diese erarbeiten und auf die oder den Fragenden erneut zukommen.
- Denjenigen, die per se dagegen sind mit offenen W-Fragen begegnen und so eruieren, ob sie ihre Skepsis begründen können.
- Die konstruktiven Kritiker anhören, gute Vorschläge loben und in das Konzept integrieren. Wenn ein Vorschlag gar nicht angenommen werden kann, begründen, warum nicht.
- Die möglichen Ängste vor neuen Aufgaben explorieren und gemeinsam Hilfestellungen und Lernmöglichkeiten erarbeiten.
- Pläne zur Veränderung frühzeitig bekanntgeben und gerade denjenigen, die einen genauen Plan brauchen, extra viel Zeit geben und auch die Möglichkeit, aktiv die Planung zu unterstützen.
- Warum besteht die Angst vor mehr Verantwortung? Mit offenen W-Fragen erkunden, gemeinsam ggf. Weiterbildung oder neue Rolle überlegen.
- Ihre weiteren Punkte. Auch unser Team sollten wir immer fragen, ob es noch weitere Punkte nennen kann.
6. Geänderte Einstellung im CRM um Fehler früh zu entdecken
6.1. Die geänderte Einstellung
In CRM-Teams sollen sich alle einbringen, und ihre Bedenken und Vorschläge sollen gehört werden, egal ob Teamleader oder Teammitglied. Die Einstellung ist also anders als die oben beschriebene aus den 70er Jahren.
6.2. Wie wir damit Fehler früh entdecken
Mit unserer heutigen Einstellung nutzen wir alle im Team unser Wissen und Können bestmöglich und wenden die verschiedenen CRM-Komponenten an. Bekanntermaßen können wir durch CRM Fehler nicht zu hundert Prozent verindern.
Doch mithilfe der CRM-Komponenten entdecken wir als Team Fehler so früh wie möglich, bevor sie Schaden anrichten.
6.3. Jetzt noch nachbessern, aber auch: Feiern Sie Ihre Erfolge!
Wann immer wir etwas verändern, sollten wir uns meßbare Ziele setzen, die Ergebnisse unserer Arbeit dokumentieren und auswerten. Unsere Analysen sollten wir transparent allen Beteiligten vorstellen und gemeinsam verbessern, was noch zu optimieren ist.
Natürlich feiern wir unsere Erfolge zusammen. Explizit dürfen wir unsere Mitstreiterinnen und Mitstreiter loben und zum Weitermachen anspornen. Ich wünsche Ihnen dazu viel Gelegenheit!
7. In meinem nächsten Blogartikel lesen Sie:
Welche Streßformen es gibt und welche davon wir für große Leistungen nutzen können. Wie wir den übrigen Streß im Griff halten, sodaß wir wichtige Komponenten des CRM, wie Aufgabenteilung, situative Aufmerksamkeit und Entscheidungsfindung trotzdem meistern.
Autorin: Eva-Maria Schottdorf
Datum: 16. März 2021