Über die Rolle der Fluglotsin in dieser Kollision am Flughafen LAX und verschiedene beitragende Faktoren lesen Sie hier:
1. Wer übernahm im Tower welche Aufgaben?
Die Fluglotsen auf dem internationalen Flughafen von Los Angeles, LAX, erlebten am ersten Februar 1991 eine gewöhnliche Schicht mit der typischen Anzahl an Maschinen, die diesen Flughafen anflogen oder von ihm aus starteten. Draußen herrschte klares Wetter mit guter Sicht. Es war bereits dunkel geworden, und starke Leuchten erhellten den Flughafen mit seinen vier Start- und Landebahnen.
Bevor wir einen näheren Blick auf die Rollen der sechs Angestellten werfen, die an diesem Abend den Luftverkehr am Flughafen LAX leiteten, werden wir uns kurz mit den Kontrollstreifen befassen.
1.1. Eine kurze Erklärung der Kontrollstreifen
Wenn physische Kontrollstreifen benutzt werden, wird ein solcher Streifen für jeden ankommenden, startenden oder überfliegenden Flug ausgedruckt. Er enthält alle nötigen Informationen über das Flugzeug und den Flug. Der Kontrollstreifen wird in einen Halter eingeführt, welcher dem verantwortlichen Fluglotsen übergeben wird.
Die Streifen und die Halter können verschiedene Farben haben, sodaß die Fluglotsen sie leichter voneinander unterscheiden können. Die Fluglotsen haben ein sogenanntes Streifenbild vor sich, in welchem sie die Kontrollstreifen in verschiedenen Zonen einordnen, die zum Beispiel die Rollfelder sowie die Start- und Landebahnen repräsentieren.
Um Störungen auf einer Start- oder Landebahn zu verhindern, ist es von äußerster Wichtigkeit, die Kontrollstreifen akkurat und effizient im Streifenbild zu ordnen.
1.2. Die Fluglotsen und ihre verschiedenen Aufgaben am Flughafen LAX
Im Tower des Flughafens LAX, zwölf Stockwerke über dem Erdboden, gab es 1991 einen sogenannten Clearance Delivery Controller, der, zusätzlich zu höchst verantwortungsvollen Aufgaben, die Kontrollstreifen druckte und sie den anderen vier Fluglotsen übergab. Zwei sogenannte Ground Controller leiteten als Fluglotsen alle Arten von Verkehr entlang des Vorfeldes und der Rollfelder.
Zwei sogenannte Local Controllers waren als Fluglotsen für die Start- und Landebahnen verantwortlich. An diesem Abend überwachte Robin Wascher die beiden nördlichen Start- und Landebahnen auf dem Flughafen LAX, 24L und 24R. Sie hatte eine beträchtliche Anzahl an Kontrollstreifen in ihrem Streifenbild und mußte sich um mehrere Flugzeuge gleichzeitig kümmern. Eine Vorgesetzte war ebenfalls im Tower anwesend und half den Fluglotsen bei Bedarf.
2. Der Flughafen LAX und sein extrem dichter Luftverkehr
Der internationale Flughafen von Los Angeles hat mit die höchste Verkehrsdichte weltweit. Er verfügt über vier Start- und Landebahnen, 24L und 24R im Norden sowie 25L und 25R im Süden. Mehrere Rollfelder kreuzen diese Start- und Landebahnen, was das Befolgen der Instruktionen der Flugaufsicht während des Rollens zu einer Herausforderung macht. Der Grundriß des Flughafens LAX ist im Flugunfallbericht auf Seite 2 abgebildet (1).
1991 wurden alle vier Start- und Landebahnen sowohl für Starts als auch für Landungen benutzt. Nicht nur auf den Start- und Landebahnen, sondern auch im Luftraum des Flughafens kann erhebliches Verkehrsaufkommen herrschen. Daher müssen die Fluglotsen die Maschinen zu jeder Zeit sehr aufmerksam voneinander separieren. Auch die Piloten benötigen eine hervorragende situative Aufmerksamkeit und müssen den Luftraum um sich herum sorgfältig absuchen, um sicher auf dem Flughafen LAX zu landen.
1 ) National Transportation Safety Board, NTSB: Aircraft Accident Report, Runway Collision of USAir Flight 1493, Boeing 737 and Skywest flight 5569, Fairchild Metroliner, Los Angeles International Airport, Los Angeles, California, Feburary 1, 1991. Adopted: October 22, 1991, Notation 5461A
3. Flug USAir 1493 befand sich im Anflug auf LAX
Der USAir Flug 1493 war initial in Syracuse, New York, mit dem Ziel San Francisco gestartet. Mehrere Stops waren auf der Route vorgesehen. Der aktuelle Teil des Fluges führte von Columbus, Ohio, nach Los Angeles, Kalifornien. An Bord der Boeing 737-300 befanden sich zwei Piloten und vier Flugbegleiter sowie 89 Passagiere.
Als sich der USAir Flug 1493 dem Flughafen LAX näherte, wurden die Piloten gebeten, ihren Sinkflug zu beschleunigen, da kreuzender Verkehr über ihnen flog. Nach ihrem abschließenden Kontakt mit dem Anfluglotsen, kontaktierten sie die Fluglotsin Robin Wascher im Tower. Auf ihren ersten Funkspruch hin, erhielten die Piloten keine Antwort.
Der Kontakt zum Fluglotsen im Tower ist jedoch absolut notwendig, da eine Cockpit Crew nicht ohne eine Landeerlaubnis landen darf. Die Piloten des Fluges USAir 1493 erhielten ihre Landeerlaubnis für 24L von Robin Wascher weniger als eine Minute bevor sie auf der Landebahn aufsetzten. In der Luftfahrt wird dies auf englisch als Short Final bezeichnet.
4. Direkt nach dem Aufsetzen ging die Maschine in Flammen auf
Kurz nachdem die Piloten ihre Boeing 737 auf der Landebahn 24L um 18:07 Uhr (PST, Pacific Standard Time) aufgesetzt hatten, fing die Maschine Feuer. Sie schlitterte auf dem Asphalt entlang, kam davon ab und prallte schließlich auf ein unbesetztes Feuerwehrgebäude.
Im Tower sahen die Fluglotsen wie das brennende Flugzeug auf der Landebahn dahinraste. Die Vorgesetzte eilte sofort zum roten Telephon, um die Feuerwehr und den Rettungsdienst zu alarmieren.
4.1. Eine Polizistin in zivil half sofort
Rosa Reynoso, eine Polizistin in zivil am Flughafen LAX saß zusammen mit einem Partner in ihrem Auto nahe der Unfallstelle. Sie griff ebenfalls sofort zu ihrem Funkgerät und schlug Alarm. Daraufhin verließ sie ihr Fahrzeug und eilte zu dem Flugzeug, um den Passagieren, die es bereits nach draußen geschafft hatten, zu helfen, sich rasch wegzubewegen. In einem Interview erinnerte sie sich später an deren Verletzungen und Brandwunden, aber auch an die unerträgliche und gefährliche Hitze (2).
2 ) Mayday – S09E04 – Cleared for Disaster (USAir Flight 1493 + Skywest Airlines Flight 5569), produziert von Cineflix und erstmalig 2010 ausgestrahlt, später auf dailymotion.com zur Verfügung gestellt
4.2. Im brennenden Wrack wurde ein Propeller gefunden
Während sich der Rettungsdienst um die Opfer kümmerte und Feuerwehrleute den Brand unter Kontrolle brachten, wurde mitten in den Trümmern ein Propeller gefunden. Er war der schreckliche Hinweis darauf, daß ein weiteres Flugzeug in diesen Unfall verwickelt gewesen war. Retter riefen die Fluglotsen im Tower an, um ihnen ihren Fund mitzuteilen.
4.3. Welches Flugzeug fehlte?
Im Tower mußten die Fluglotsen herausfinden, was genau in den Minuten vor dem Unfall passiert war. Zu allererst mußten sie das Flugzeug identifizieren, das auch in den Unfall verwickelt war. Gleichzeitig mußten sie nach wie vor den Flugverkehr leiten, da weiterhin Maschinen LAX anflogen.
Als die Fluglotsen die Kontrollstreifen durchgingen und mit dem Abfluglotsen sprachen, fanden sie heraus, daß ein kleines Zubringerflugzeug, der Flug Skywest 5569, fehlte. Dieser Flug nach Palmdale, Kalifornien, hätte von zwei Piloten durchgeführt werden sollen und hatte zehn Passagiere an Bord. Ihr Flugzeug war ein Fairchild Metroliner.
5. Die Untersuchung am Unfallort auf dem Flughafen LAX
Der Hauptzweck der Untersuchung war es, die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Was hatte den Unfall verursacht?
2. Warum starben so viele Menschen in dem brennenden Wrack?
5.1. Die Unfallstelle neben der Landebahn
Nachdem der Asphalt nach dem Unfall mit Teilen des Metroliners übersäht war, mußten beide nördliche Start- und Landebahnen auf dem Flughafen LAX während der ersten Tage der Untersuchung gesperrt bleiben. Reisende erlebten ein Chaos, was den Druck auf die Flugunfallermittler erhöhte. Zusätzlich mußte Kerosin aus der Boeing 737 entfernt werden, was einen ganzen Tag beanspruchte.
Wie Sie wissen, ist Druck eines der Mitglieder des sogenannten „schmutzigen Dutzend“, einer bekannten Zusammenstellung von menschlichen Faktoren. Trotz des Druckes mußten die Mitglieder des NTSB schnell und dennoch präzise arbeiten, sodaß der Flughafen rasch wieder vollständig betrieben werden konnte.
Nicht nur die zerstörten Flugzeuge, sondern auch die Spuren, die sie auf dem Asphalt und dem angrenzenden Erdboden hinterlassen hatten, wurden untersucht.
5.2. Warum konnten so viele Menschen dem Flugzeug nach dem Unfall nicht entkommen?
Die Kabine füllte sich rasch mit dickem, giftigen Rauch, und manche Passagiere scheinen kollabiert zu sein, während sie darauf warteten, das Flugzeug verlassen zu können. Darüberhinaus war der Notausgang über dem rechten Flügel aus mehreren Gründen mit Verzögerung geöffnet worden. Eine Passagierin saß im Sitz daneben und war erstarrt, wie sie später berichtete. Zwei männliche Passagiere gerieten daraufhin in eine heftige Auseinandersetzung. Zuletzt blockierte ein zusammengeklappter Sitz den Ausgang (Aircraft Accident Report, Seite 65).
Insgesamt starben 20 Passagiere, ein Flugbegleiter und der Kapitän in der Boeing 737. Zwei Passagiere erlagen ihren Brandwunden wenige Tage, beziehungsweise 31 Tage nach dem Unfall (Aircraft Accident Report, Seite 30). Alle zwölf Insassen des Metroliners starben bei dem Unfall.
5.3. Was war im Tower des Flughafens LAX schiefgegangen?
Die entscheidene Frage war:
Welches der Flugzeuge hatte die Erlaubnis, die Start- und Landebahn 24L zu benutzen?
Um darüber mehr zu erfahren, stiegen NTSB Flugunfallermittler die Stufen zum obersten Geschoß des Towers auf dem Flughafen LAX hinauf und sammelten die Bandaufnahmen der Flugsicherung ein. Sie sahen sich auch die Prozesse der Flugsicherung an, die zu diesem Zeitpunkt etabliert waren.
5.4. Es gab nur einen Cockpit Voice Recorder
Beide Flugdatenschreiber wurden geborgen. 1991 war es keine Pflicht, kleine Zubringerflugzeuge mit einem Stimmenrecorder (engl. Cockpit Voice Recorder, CVR) auszustatten. Es war ein Rückschlag als die Flugunfallermittler erfuhren, daß sie nur einen Stimmenrecorder für Ihre weiteren Analysen zur Verfügung hatten.
6. Die Kommunikation zwischen der Flugaufsicht und den Piloten
Für ihre Analyse der Kommunikation zwischen der Flugaufsicht und den Cockpit Crews konnten die Unfallermittler nur den Stimmenrecorder der Boeing 737 und die Tonaufnahmen der Flugsicherung nutzen. Sie hörten sich die Aufnahmen sorgfältig an, während sie gleichzeitig rekonstruierten, welches Flugzeug zu welchem Zeitpunkt in welcher Position war.
6.1. Der Flug Skywest 5569 folgte den Instruktionen der Flugaufsicht
Der Flug Skywest 5569 hatte die Erlaubnis erhalten, zur Startbahn 24L zu rollen. Dort mußte das Flugzeug and der Kreuzung 45 anhalten, weil eine andere Maschine, Flug Wings West 5006, die Erlaubnis erbeten hatte, die Startbahn 24L zu überqueren. Zusätzlich mußten die Piloten auf ihre Starterlaubnis warten. Als die Flugunfallermittler sich die Bänder der Flugaufsicht anhörten, erfuhren sie, daß die Crew des Fluges Skywest 5569 allen Instruktionen perfekt gefolgt war.
6.2. Flug Wings West 5006 hatte den Kontakt zu Robin Wascher verloren
Flug Wings West 5006 war auf der Landebahn 24R gelandet und hatte die Erlaubnis erbeten, 24L zu kreuzen, um zur entgültigen Parkposition am Gate zu rollen. Als Wascher bereit war, die Maschine kreuzen zu lassen, hatte die Crew unabsichtlich ihren Funkkanal verstellt. Die Flugunfallermittler fanden heraus, daß es Wascher einige Zeit und mehrere Versuche gekostet hatte, den Kontakt mit dem Flug Wings West 5006 wiederherzustellen.
6.3. Noch ein weiteres Flugzeug war unter Waschers Kontrolle
Die Crew des Fluges Wings West 5072 kontaktierte Wascher, um sie wissen zu lassen, daß sie bereit war für den Start. Dies geschah weniger als eine Minute bevor Flug USAir 1493 landete. Als die Flugunfallermittler sich diesen Teil der Kommunikation anhörten, erkannten sie, daß Wascher diese Maschine nicht erkannte.
Sie bestellten die Fluglotsin ein, um von ihr zu hören, was passiert war. Sie berichtete den NTSB Experten, daß sie keinen Kontrollstreifen für diesen Flug finden konnte und bat ihre Vorgesetzte um Hilfe. Diese brachte ihr den betreffenden Streifen.
6.4. USAir 1493 Kontaktierte den Tower von LAX mehr als einmal
Als die Piloten des Fluges USAir 1493 Robin Wascher das erstemal kontaktierten, erhielten sie keine Antwort, weil sie mit anderen Flugzeugen beschäftigt war. Wie wir schon im Unterkapitel 3 gesehen haben, führte das dazu, daß die Crew von Flug USAir 1493 ihre Landeerlaubnis weniger als eine Minute vor ihrem Aufsetzen auf der Landebahn erhielt.
Insgesamt erfuhren die Flugunfalluntersucher durch den Stimmenrecorder und die Bandaufnahmen der Flugsicherung, daß Robin Wascher den Wings West Flug 5072 nicht erkannte. Zudem hatte sie sowohl dem Flug Skywest 5569 als auch dem Flug USAir 1493 die Erlaubnis erteilt, die Start- und Landebahn 24L zu benutzen.
7. Was erlebte die Fluglotsin vor dem Unfall in bezug auf CRM?
Wir haben gesehen, daß die sorgfältige Arbeit mit den Aufnahmen und den jeweiligen Positionen der Flugzeuge bereits die Unfallursache offengelegt hatte. Nun mußten die Flugunfallermittler die folgende Frage beantworten:
Warum hatte die Fluglotsin vergessen, daß der Flug Skywest 5569 sich bereits auf der Start- und Landebahn 24L befand, als sie dem Flug USAir 1493 erlaubte, auf derselben zu landen?
Als der Flug Wings West 5006 den Kontakt zu ihr verloren hatte, mußte Wascher wertvolle Minuten damit verbringen, dieses Problem zu lösen. Als die Piloten des Fluges Wings West 5072 sie ansprachen, um ihr mitzuteilen, daß sie zum Start bereit waren, mußte sie ein weiteres Problem lösen, denn sie hatte den Kontrollstreifen für diesen Flug noch nicht erhalten.
Die wertvolle Ressource Zeit war in beiden Fällen verbraucht worden. Zusätzlich hatte die Arbeitsbelastung zugenommen und war schwieriger zu bewältigen.
Wir dürfen ebenfalls annehmen, daß die verlorene Funkverbindung und der fehlende Kontrollstreifen den Druck erhöht und Ablenkungen verusacht haben. Diese haben schlußendlich Waschers Konzentration und ihre situative Aufmerksamkeit beeinträchtigt.
In den nachfolgenden Unterkapiteln werden wir die Faktoren ergründen, die zu ihrem menschlichen Fehler beigetragen haben. Darüberhinaus werden wir die Verkettung der Ereignisse herausarbeiten.
8. Beitragende Faktoren auf dem Flughafen LAX
Nach der gründlichen Untersuchung der Kommunikation, kehrten die Experten des NTSB zum Flughafen LAX zurück, um die Bedingungen dort und insbesondere im Tower zu beleuchten.
8.1. Warum konnte die Fluglotsin den Metroliner nicht sehen?
Als ein NTSB Mitarbeiter sich auf den Platz des Local Controllers setzte, konnte bestätigt werden, daß ein Lichtmast und sein gleißendes Licht die Sicht des Fluglotsen auf Teile der nördlichen Start- und Landebahnen blockierte. Deshalb hatte auch Robin Wascher Schwierigkeiten, zu sehen, wie der Metroliner zur Startbahn rollte.
8.2. Der Bodenradar war am Flughafen LAX einmal wieder außer Betrieb
Der Bodenradar am Flughafen LAX hatte bereits seit einiger Zeit vor dem Unfall mangelhaft funktioniert und hätte bereits ausgetauscht werden sollen. Die Antenne dieses Radars war von einem System aus Teller- und Stirnrädern angetrieben worden, die sich mit der Zeit abnutzten.
Diese Teile waren nicht auf dem Markt verfügbar und mußten speziell angefertigt werden. Deshalb war der Bodenradar am Flughafen LAX permanent in oder außer Betrieb. Beamte des Flughafens hatten die Federal Aviation Administration, FAA, bereits gebeten, dieses schwerwiegende Problem bevorzugt zu behandeln.
Als der Unfall geschah, war der Bodenradar außer Betrieb. Daher hatte ihn Robin Wascher nicht zur Verfügung, um zu sehen, wo die Flugzeuge sich befanden und konnte die Position des Metroliners nicht gegenchecken. Eine weitere Chance, ihren Fehler zu entdecken, war damit vertan.
8.3. Der Tower des Flughafens LAX hatte zuwenig Personal
LAX war bereits vor dem Unfall am 1. Februar 1991 als einer der Flughäfen mit den meisten Störungen auf der Start- und Landebahn in den USA bekannt gewesen. Sieben Monate vor dem Unfall wartete ein Airbus auf der Startbahn auf seinen Start, als eine landende DC-10 knapp darüber hinwegflog.
Auf diesen Vorfall hin hatten die Fluglotsen von LAX die FAA über ihren Personalmangel informiert und ihre Bedenken darüber klar zum Ausdruck gebracht, daß eine Katastrophe sich ereignen könnte, sollten diese Schwierigkeiten nicht angegangen werden.
8.4. Warum konnten die Piloten der Boeing 737 den Metroliner nicht sehen?
Piloten sollten nicht nur den Luftraum um sich herum sorgfältig beobachten, wie wir bereits gesagt haben. Sie sollten auch die Landebahn, auf welcher sie landen werden, nach Objekten absuchen, die dort nichts zu suchen haben. Es stellt sich daher die Frage, warum die Piloten des Fluges USAir 1493 den Metroliner nicht auf dem Asphalt stehen sahen.
Die Experten des NTSB flogen denselben Anflug wie die Boeing 737 und plazierten einen Metroliner bei Dunkelheit auf der Landebahn. An dieser Maschine wurden dieselben Lampen eingeschaltet, die auch das Flugzeug angeknipst hatte, das in den Unfall involviert war (1991 mußten noch nicht alle Lampen eines Flugzeuges vor dem eigentlichen Start eingeschaltet sein). Aufgrund der vielen Lichter, die die Landebahn erleuchteten, konnten die Flugunfallermittler die Leuchten des Metroliners nicht von denjenigen am Boden unterscheiden. Daher war das Flugzeug für sie nicht sichtbar.
9. Die Verkettung von Ereignissen, die zur Kollision führte
In der Zusammenstellung unten sehen Sie die Glieder der Verkettung von Ereignissen, die zu der Kollision auf der Start- und Landebahn des Flughafens LAX 1991 geführt hatte.
10. Verbesserungen konnten initial die Störungen auf Start- und Landebahnen auf dem Flughafen LAX nicht stoppen
Zusätzlich zu den nachfolgend erläuterten Verbesserungen hatte das NTSB weitere Empfehlungen in seinem Aircraft Accident Report vorgeschlagen, um die Sicherheit auf Flughäfen zu erhöhen.
10.1. Ein neuer Tower wurde am Flughafen LAX errichtet und ein neuer Bodenradar installiert
Ein größerer Tower wurde am Flughafen LAX 1996 errichtet, der einen Überblick über das gesamte Areal bietet. Er ist sechzehn Stockwerke höher als der alte. Zusätzlich wurde endlich ein neuer Bodenradar installiert. Nun haben alle Flugzeuge, die auf den Radarschirmen angezeigt werden, Anhängeschildchen, die sie klar identifizieren.
10.2. Die Arbeitslast der Local Controllers wurde nach dem Unfall reduziert
Nach dem Unfall wurde die Handhabung der Kontrollstreifen geändert. Ground controllers ordneten diese bevor sie den verantwortlichen Local Controllers übergeben wurden. Dies reduzierte nicht nur die Arbeitsbelastung der Fluglotsen, die für die Start- und Landebahnen zuständig sind, sondern führte auch dazu, daß ein weiterer Fluglotse mögliche Fehler entdecken kann.
10.3. Immer noch zuviele Störungen auf Start- und Landebahnen am Flughafen LAX
Diese Verbesserungen konnten jedoch initial die Anzahl der Störungen auf Start- und Landebahnen auf dem Flughafen LAX nicht reduzieren. Vielmehr nahm ihre Rate in den Jahren nach dem Unfall zu (Wes Timmons, National Director of Runway Safety, FAA, 2). Was könnten die Gründe dafür sein?
Wie wir im Unterkapitel 2 gesagt haben, ist LAX einer der verkehrsreichsten Flughäfen der Welt. Der dichte Verkehr sollte auch in Zusammenschau mit der Tatsache gesehen werden, daß LAX zweimal zwei parallel verlaufende Start- und Landebahnen besitzt. Dies wiederum bedeutet, daß die inneren Landebahnen nach der Landung auf einer der äußeren überquert werden müssen, um die Terminals zu erreichen. Die verfügbaren Rollfelder kreuzen die Start- und Landebahnen an vielen Punkten.
10.4. Sogenannte Runway Status Lights, RWSL, wurden am Flughafen LAX 2009 etabliert
Die Runway Status Lights sind ein vollautomatisiertes System, das unabhängig von der Flugaufsicht arbeitet. Es besteht aus drei Komponenten:
- Runway Entrance Lights, REL: diese sind entlang der Mittellinienbefeuerung der Rollfelder, die zu einer Start- und Landebahn führen, integriert
- Take Off Hold Lights, THL: diese sind in den Abflugbereich einer Startbahn eingelassen
- Runway Intersection Lights, RIL: diese sind an der Kreuzung zweier Start- und Landebahnen installiert
Die RWSL leuchten rot wenn die betreffende Landebahn für Hochgeschwindigkeitsverkehr verwendet wird. Sie werden von Flugzeugen, die dabei sind, zu starten oder zu landen, angesteuert.
Im Gedenken an die 36 Opfer der Flüge Skywest 5569 und USAir 1493, die auf der Start- und Landebahn am Flughafen LAX am 1. Februar 1991 kollidierten
11. Im nächsten Artikel: Alles über Störungen auf Start- und Landebahnen
Welche Arten von Fehlern können zu Störungen auf den Start- und Landebahnen führen? Was kann das Fachpersonal am Flughafen, aber auch in der Luft, tun, um eine solche und damit einen potentiellen Unfall zu verhindern? Wir werden uns beitragende Faktoren, CRM-Prinzipien und technische Hilfsmittel ansehen, die dabei helfen, die Sicherheit insbesondere an verkehrsreichen Flughäfen zu maximieren. Was lernen wir daraus für unsere eigene Arbeit?
Autorin: Eva-Maria Schottdorf
Datum: 24. April 2024
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